Es gab in der Zeitung einen Aufruf, dass in der St. Norbertkirche in Calbe eine Bürgerversammlung mit dem Ziel der Gründung einer Ortsgruppe der SDP stattfindet. Da ich mich auch schon an Demos in Magdeburg, Schönebeck und Calbe beteiligt hatte und mich die Wendeeuphorie natürlich immer noch bewegte, bin ich mit meiner Frau dort hingegangen und habe mich dann anschließend nach der Veranstaltung zu denen gesellt, die nach einem Aufruf von Heinrich Legutke in der SDP mitmachen wollten.
Nun zur Entscheidung zur SDP. Ich war schon als junger Mensch mit 18 Jahren mehr oder weniger zufällig in die SED eingetreten, da ich durch die Oberschule sozialistisch geprägt wurde und durch die FDJ-Arbeit im Betrieb bedingt von den dortigen Genossen angesprochen wurde. Mein Verhältnis zur DDR-Realität wurde aber im Laufe der Jahre zunehmend kritischer und ich hatte mir damals schon so gedacht, dass meine politische Denkrichtung eigentlich sozialdemokratisch ist. Diese Grundeinstellung und der Wunsch, mitmachen zu wollen, führte dann zu dem Entschluss, mich dazuzugesellen. Der Gedanke. dass ich vielleicht in dieser Partei gar nicht willkommen sein könnte, kam mir überhaupt nicht. Ich wollte wie die meisten, auch nicht die DDR abschaffen, sondern sie besser und vor allem demokratischer machen. Diese Ablehnung von ehemaligen SED-Mitgliedern in der damaligen Anfangszeit hat vielen in der Partei zwar eine moralische Befriedigung verschafft, hat der SPD in den neuen Bundesländern aber eher geschadet.
Die 20 Jahre Mitgliedschaft habe ich nicht bereut, zumal die Partei jetzt doch wieder mehr zu ihrer eigentlichen Aufgabe als Partei des kleinen Mannes zurückzufinden scheint.